Flächeninformationen werden zum Beschleuniger beim Ausbau der Erneuerbaren

Exise Digitale Flächenakquise

Ein Problem der Energiewende

Auch im Jahr 2022 sind lange, komplexe Genehmigungsverfahren noch immer eines der größten Hindernisse im schnellen Ausbau von erneuerbaren Energien. Ein fehlendes, digitales Abbild relevanter Genehmigungsprozesse machen es beteiligten Stakeholdern nahezu unmöglich, den Ausbauzielen in der erforderten Zeit nachzukommen.

Das Projekt

Lasst uns das Planen erneuerbarer Energien schnell und einfach gestalten

Was wäre, wenn wir den Erfolg eines Genehmigungsprozesses bereits abschätzen könnten, bevor der Antrag von der zuständigen Behörde geprüft wurde? In meiner Bachelorarbeit an der Münster School of Design habe ich Antworten auf diese Frage gefunden. Mit Exise habe ich eine Produktvision entwickelt, die bekannte Flächeninformationen nutzbar macht, um komplexe, analoge Prozesse zu ersetzen und so zur Beschleunigung der Energiewende beizutragen.

Das Resultat meiner Arbeit ist das digitale Planungs- und Akquisewerkzeug Exise, das Projektentwickler:innen befähigt, einfach und effizient Flächen zu identifizieren, die den komplexen Anforderungen zum Bau neuer Windkraft- und Photovoltaikanlagen gerecht werden.

Meine Aufgaben

User Research
Product Strategy
UX-Design

Exploration

Wie wollen wir erneuerbare Energien zukünftig planen?​

Für eine strategische Entscheidungsgrundlage begann ich das Projekt mit Hypothesen geleiteten Stakeholder-Interviews. In Gesprächen mit sechs relevanten Nutzer:innen aus Projektentwickler:innen von erneuerbaren Energien, Naturschützer:innen und politischen Akteur:innen gewann ich ein Verständnis für ihre individuellen Rollen innerhalb des Genehmigungsprozesses. Ihre hierbei auftretenden individuellen Probleme und Erwartungen fasste ich in folgenden Erkenntnissen zusammen.

Erfordernisse

Die Kenntnis über Antragserfordernisse hängt stark von der Erfahrung der bearbeitenden Projektentwickler:innen ab

Informations-Zugang

Antragsrelevante Informationen von Trägern öffentlicher Belange einzuholen ist Ressourcen-aufwenig​

Flächenbewertung

Projektentwickler:innen wollen die lokalen Gegebenheiten verstehen, um eine Fläche als geeignet beurteilen zu können

Kommunikation

Intransparente und komplexe Kommunikationsstrukturen machen die direkte Absprache mit beteiligten Stakeholdern mühsam ​

Strategie

Projektentwickler:innen befähigen, die Grundlagen für schnellere Verfahren zu schaffen

Mit Auswertung der Interview-Ergebnisse und einem ganzheitlichen Blick auf die Customer Journey ließen sich Projektentwickler:innen von erneuerbaren Energien, wie Windkraft- und Photovoltaikanlagen, als Kernzielgruppe der Plattform identifizieren. Als wesentlicher Akteur übernehmen sie zentrale Aufgaben des gesamten Verfahrens. So verfügen sie über umfangreiches Wissen, generieren relevante Informationen und stoßen neue Vorhaben an, wovon Dritte (Genehmigungsbehörden, Investoren, etc.) profitieren. Meine Hypothese war es, Projektentwickler:innen zu einer zielgerichteteren Planung neuer Flächen zu befähigen, um so die Bearbeitungs-Aufwände nicht genehmigungsfähiger Anlagen auf der Behördenseite zu reduzieren.

Key-Values​

Drei zentrale Werteversprechen adressieren die Bedürfnisse der Projektentwickler:innen​

rocket

Dich zur bestinformiertesten Person im Raum machen

manage-protection

Verringerung des Risikos Deiner Entscheidungen

events

Dich und alle Beteiligten näher zusammen bringen

Hintergrund​

Daten zu besitzen, heißt Ungewissheit zu vermeiden​

Damit Projektentwickler:innen das Erfolgspotential ihrer Fläche und deren Umgebung bewerten können, benötigen sie einen leichteren Zugang zu öffentlich verfügbaren Informationen. Nur so können sie frühzeitig feststellen, ob eine geplante Anlage negative Einflüsse nach geltenden Gesetzen auf ihre Umgebung haben würde. Obwohl diese Informationen öffentlich zugänglich sind, fällt es Projektentwickler:innen jedoch häufig schwer, den Überblick über verfügbare Informationen und Daten zu erlangen. Für eine umfassende Bewertung ist oft die Auswertung dutzender Dokumente aus meist ebenso vielen Bezugsquellen nötig.

Nutzer Szenarien

Lösungswege realer Herausforderungen definieren

Mit den täglichen Aufgaben und Zielen der Projektentwickler:innen im Gedächtnis gestaltete ich einen Prototyp, der die relevantesten Nutzerszenarien in den Fokus nehmen sollte.

Szenario 01

Ich möchte bekannte Potenzialflächen in meiner Region einsehen

Szenario 02

Ich möchte erfahren, ob und welche Hindernisse eine Genehmigung auf einer bestimmten Fläche behindern

Szenario 03


Ich möchte die Unterlagen zusammen-tragen, welche die zuständige Behörde für einen Antrag an meiner Fläche verlangt

Design

Übersetzung erlernter Muster in den digitalen Raum

Wesentliches Ziel war es, die entstehende Plattform von Grund so aufzubauen, dass sie kohärent zu den heutigen analogen Prozesses funktioniert. Geleitet durch das Feedback der Nutzer:innen entstand in einer partizipativen Designphase ein leicht nachvollziehbarer zwei-stufiger Prozess. Um die Mehrwerte einer digitalen Lösung auszuschöpfen, wurden die arbeitsaufwendige Flächenakquise und Antragerstellung miteinander vereint. Nutzer:innen können so zuerst eine potentielle Fläche wählen, aus der die hervorgehenden Informationen automatisiert in den Genehmigungsantrag überführt werden. Ganzheitlich betrachtet ermöglicht die daraus resultierende User-Experience eine Verschlankung der aktuellen Arbeitsweise.

Finale User-Flows: Flächenakquise und Antrag-Erstellung werden in einem zwei-stufigen Prozesses vereint

Iterationen

Entscheidungen für ein benutzerfreundliches Interface treffen

Durch die frühe Recherche fand ich heraus, welche digitalen Werkzeuge Projektentwickler:innen in ihrer täglichen Arbeit verwenden und dadurch nahezu auswendig kennen. Aufgrund umfangreicher, bisher ungesehener Funktionen war es hilfreich, die Plattform nach Mustern zu strukturierten und gestalteten, die Projektentwickler:innen bereits kannten und erlernt hatten. In enger Abstimmung mit der Nutzergruppe wurden so folgende Design-Herausforderungen stetig überarbeitet, um das bestmögliche Nutzer-Erlebnis zu konzipieren.

Zwischenstand der Design-Entwicklung: Suchergebnisse werden als Liste dargestellt

Finale Ansicht: Suchergebnisse werden parallel zur Karte dargestellt

Wie können wir...

Entscheidungsrelevante Informationen
geografisch verorten?

Nahezu alle Informationen mit denen Projektentwickler:innen arbeiteten, lassen sich einer Fläche zuordnen oder geografisch lokalisieren. Noch wichtiger: Projektentwickler:innen suchen jene Informationen über deren geografische Verortung. Daher entwickelte ich eine Side-by-Side Ansicht, die es Projektentwickler:innen erlaubte, relevante Informationen parallel zu der Fläche aus der sie stammen einsehen zu können.

Wie können wir...

Nutzer:innen helfen fundierte
Entscheidungen zu treffen?

Die frühe Recherche ergab ein Cluster wesentlicher Informationen (wie umliegende Bebauung, zugrundeliegender Flächennutzungspläne, anliegender Arten und Naturschutzbestimmungen, uvm.), welche Projektentwickler:innen zur Bewertung der Fläche heranziehen. Da jedoch nicht zu allen Flächen die gleichen Informationen zur Verfügung stehen, entstand ein modulares System, welches erlaubte, die Informationsausgabe den Gegebenheiten situativ anzupassen.

Wie können wir...

kollaborative Arbeitsweisen etablieren?

In der nachgelagerten Phase der Antragserstellung zeigte sich in der User-Journey ein Anknüpfungspunkt für weitere Nutzergruppen. Ziel war es daher, die Plattform von Grund auf kollaborativ zu denken, um effiziente Arbeitsweisen innerhalb der bearbeitenden Teams und ein generell volldigitales Genehmigungsverfahren zu ermöglichen. Entsprechend sollte das User- Interface schnell erkennbar machen, wenn Teammitglieder an Projekten mitwirken.

Wirkung

Produkte schaffen, die von Relevanz sind

In weniger als 4 Monaten habe ich Exise als Ergebnis meiner Bachelorarbeit fertiggestellt. Nach einer letzten Validierungsphase mit Testläufen des ausgewählten Prototypen konnte ich mir der Begeisterung der Projektentwickler:innen sicher sein. Ihr positives Feedback ist der Beweis, dass Exise in der Lage ist, echte Mehrwerte in festgefahrenen und analogen Prozessen zu bieten. Mehr noch sehen sie in der Vison von Exise eine greifbare Schlüsselkomponente, um den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben.

Ich freue mich, dass meine Arbeit von einer unabhängigen Jury der Münster School of Design zur besten Bachelorarbeit der Abschlussklasse im Wintersemester 2022/23 ausgezeichnet worden ist.